Eine schwere Depression kann das ganze Leben verändern, die Umwelt einbeziehen und in Extremfällen Selbstmordgedanken und -tendenzen auslösen.
Die medizinische „Depression“ ist von dem in der Umgangssprache gebräuchlichen Begriff zu unterscheiden, der unter anderem auch ein vorübergehendes Stimmungstief beschreibt. Manche benutzen auch Bezeichnungen wie "Blues" oder (jahreszeitbedingt) "Winterblues".
Die Depression verstehen Betrachten Sie die Depression als eine schwere Erschöpfung, wie sie sich mit dem Bild des „Nervenzusammenbruchs“ bzw. des Gefühls „mit den Nerven am Ende zu sein“ beschreiben lässt.
Eine Depression hat nichts mit „Verrücktheit“, „Hirnabbau“ oder einem Verschulden zu tun. Häufig mangelt es dem Körper an „Botenstoffen“, die Informationen im Nervensystem übertragen. Manchmal erscheint die Depression sogar regelrecht „vernünftig“, wenn sie den Kranken erstarren lässt, ihn so vor weiterer Selbstschädigung (in Form krankmachenden Verhaltens) schützt und gleichzeitig der Umwelt die Hilfsbedürftigkeit verdeutlicht. Depressionen lassen sich als lang anhaltende Verlust-, Kränkungs- und Trotzreaktionen verstehen, bei denen die Gedanken um Enttäuschung, Wut und Trauer kreisen. Die Betroffenen leiden unter einem stark beeinträchtigten Selbstwertgefühl (Nichts-wert-Sein", "Nichts-Können") und sind emotional überbedürftig (nach Zuwendung, Verständnis, Liebesbeweisen und symbiotischer Nähe). Sie wagen es nicht, ihre Wünsche, Phantasien oder Erwartungen anderen Menschen auf direkte Weise mitzuteilen.
Sich ärztliche Hilfe gönnen Beschreiben Sie Ihrem Haus- oder Facharzt möglichst bald alle Ihre Symptome (insbesondere auch die seelischen und solche, die Tabus betreffen, wie etwa Sexualität). Scheuen Sie sich nicht, auch Selbstmordgedanken anzusprechen. Befreien Sie sich von dem Vorurteil, seelische Erkrankungen seien ein Ausdruck von Schwäche. Äußern Sie unumwunden Ihren Verdacht, wenn Sie selbst eine Depression als Ursache Ihrer Beschwerden vermuten. So gewinnen Sie wertvolle Zeit und ersparen sich unnötiges Leid, da sich Depressionen sehr gut behandeln lassen. Ihr Arzt weiß, dass Depressionen weder eine „Mode-Erscheinung“ sind, noch Ausdruck von Faulheit oder Unwillen. Er nimmt sie ernst und weiß, wie geschickt sie sich manchmal hinter körperlichen Symptomen verbergen können.
Depressionsauslöser erkennen
Auch wenn manchmal ein besonderer Schicksalsschlag als Auslöser erscheint (Verlust, Kränkung, Scheitern von Plänen und Lebensmöglichkeiten), sind viele Depressionen das Endergebnis einer langen Kette von Belastungen, bei denen der letzte Tropfen das Fass überlaufen lässt. Ungünstige Denkgewohnheiten, starre Verhaltensmuster und einseitige Erwartungen der Umwelt halten die Depression beharrlich am Leben. Depressive Menschen beklagen meist einen „Mangel“ (oft in Form von Zuwendung und echter Wertschätzung). Dieser kann von Familienangehörigen und Therapeuten nicht nachträglich in Form einer „Wiedergutmachung“ ausgeglichen werden.
Soweit es eine Lösung gibt, besteht sie meist darin, das Fehlende zu betrauern und es durch eigenes (neues) Verhalten zu ersetzen. Man kann die Depression auch als eine Aufforderung verstehen, bislang ungelebte Möglichkeiten künftig zu realisieren (sich persönlich zu entfalten, unabhängiger zu werden, zu genießen usw.).
Hoffnung schöpfen und bewahren Vertrauen Sie darauf, dass Ihr Leiden sehr gut zu behandeln ist, auch wenn Sie momentan alles schwarz sehen. Unzählige Menschen vor Ihnen haben Depressionen erfolgreich bewältigt. Geduldig sein Depressionen kommen und gehen selten aus heiterem Himmel. Oft haben sie eine längere Vorgeschichte und münden in ein Gefühl völligen Erschöpftseins bzw. großer Leere. So wie man einen leeren Tank allmählich auffüllt, braucht es auch bei Depressionen Zeit, bis durch Medikamente und Verlernen Kraft zehrender Verhaltensweisen wieder ausreichend Energie zur Verfügung steht. Tanken Sie Kraft aus der Erkenntnis „Langsam vorwärts zu kommen, ist besser, als gar nicht vorwärts zu kommen“. Sich Entlastung gönnen Schützen Sie sich vor eigenem und fremdem Druck. Machen Sie sich bewusst, dass depressive Menschen meist hohe Erwartungen an sich selbst richten. Oft handelt es sich um Perfektionisten, die alles 200prozentig machen wollen und sich unter massiven Leistungsdruck stellen. Diesen Stress verstärkt die Umwelt durch passende Appelle wie „Reiß dich doch zusammen“. Verstehen Sie also Ihre seelische Erkrankung als Aufforderung, sich von krankmachenden Verhaltensmustern, Einstellungen und Stressquellen zu befreien. Akzeptieren Sie, dass Sie zur Zeit vielen Anforderungen einfach nicht mehr genügen können und erlauben Sie sich selbst ausdrücklich, depressiv zu sein (zu klagen, zu weinen usw.). Gönnen Sie sich eine vorübergehende Krankschreibung, um Kraft zu tanken und Ihren Lebensstil in Ruhe zu verbessern. Manchmal kann ein Krankenhausaufenthalt der beste Weg sein, dem inneren und äußeren Stress zu entfliehen. „Sich Entlastung gönnen“ heißt nicht, dass Sie sich ab jetzt im Bett verkriechen und rundum versorgen lassen sollten. Für den Anfang ist dies in Ordnung. Auf Dauer werden Sie aber mehr davon haben, wenn Sie sich dafür einsetzen, wieder leistungsfähiger sowie körperlich und psychisch belastbarer zu werden. Sich als „depressiv“ akzeptieren „Bekämpfen“ Sie nicht Ihre „Depressivität“ (und damit einen Teil Ihrer Person). Depressive Menschen sind oft viel zu aggressiv gegen sich selbst. Stehen Sie lieber zu Ihrer Depressivität, zumal diese für andere mitunter sehr hilfreich sein kann. Da 10 bis 15 Prozent aller Menschen mindestens einmal in ihrem Leben an einer Depression erkranken, gehört die entsprechende Veranlagung offenbar zum Menschsein. Sich wertschätzen Nehmen Sie auch die Stärken und Vorteile einer Depressivität wahr. So sind depressiv veranlagte Menschen oft sehr beharrlich und zuverlässig. Sie sind leistungsbezogen, orientieren sich an sozialen Idealen und wirken bescheiden, da sie selten offen aggressiv fordern. Sie sind sehr sensibel, warmherzig und zu tiefem Erleben fähig. Als Partner sind sie anhänglich und an Nähe interessiert. Sie überstürzen nichts, sondern überlegen vieles aus Vorsicht lieber mehrfach und detailliert. Sie sind sehr selbstkritisch und stehen zu eigener „Schuld“. Sie sind die klassischen Helfer, die nicht zögern, für andere Verantwortung zu übernehmen und sich dafür notfalls aufzuopfern. In ihren Familien und auf ihren Arbeitsstellen werden sie deshalb oft sehr geschätzt.
Wirkung auf andere berücksichtigen
Durch anhaltendes Klagen (aus der Sicht der anderen: „ewiges Jammern“ oder „An-Klagen“) drücken depressive Menschen ihre Aggressivität aus. Sie ist zwar gegen die Kranken selbst gerichtet, kann aber bei anderen Ungeduld und Ablehnung (Gegenaggression) hervorrufen. Die dauernden Selbstanklagen, ein gekränkt-trotziges Verhalten, der Appell zu helfen und die gleichzeitigen Misserfolge des Helfers machen den Helfer irgendwann wütend und enttäuscht. Dieser spürt durchaus die Heftigkeit seiner Gefühle, während der Depressive oft gar nichts mehr spürt. Die oft wiederholte Feststellung „Mir hilft nichts“ versteht der Helfer dann als „Auch du kannst mir nicht helfen“. Damit stellen Depressionen die Frustrationstoleranz von Familienangehörigen, Freunden, Bekannten, Ärzten und anderen Helfern oft erheblich auf die Probe. Vielfach müssen sie den Ärger aushalten, den der Depressive eigentlich gegenüber anderen wichtigen Bezugspersonen hegt. Nicht selten werden auch Personen der Umwelt regelrecht „angesteckt“, so dass sie sich ebenfalls vorübergehend gefühlsleer, wert-, interesse- und willenlos fühlen. Wenn depressive Menschen sich anklammern, nehmen sie anderen oft die „Luft“. Um nicht zu ersticken, gehen letztere dann auf Abstand und verstärken damit die Angst des Depressiven, abgelehnt und allein gelassen zu werden. Versetzen Sie sich also im eigenen Interesse immer wieder einmal in die Person Ihrer Helfer, auch wenn Ihnen dies schwer fallen sollte. Weiterlesen: WEGE AUS DER DEPRESSION
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